Wie entwickeln sich die Bauzinsen in den nächsten Jahren?

Und wieder hat die Europäische Zentralbank an der Zinsschraube gedreht. Diesmal um 0,50 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent. Man stemmt sich mit der sechsten Zinserhöhung in Folge gegen die nach wie vor hohe Teuerung im gemeinsamen Währungsraum. In diesem Artikel wollen wir uns damit auseinandersetzen, wie sich die Zinspolitik auf die Bauzinsen in den nächsten Jahren auswirkt. 

Wie entwickeln sich die Bauzinsen 2023?
Wie entwickeln sich die Bauzinsen 2023?

Zinspolitik der EZB

Die Notenbank strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt, trotz vorsichtiger Entspannung (auf zu hohem Niveau).

An dieser Stelle hatten wir uns bereits mit dem Thema Zinswende beschäftigt. Und leider hat es sich bewahrheitet, dass die Zinsen steigen. Sprachen wir vor gut einem halben Jahr noch von einem Leitzins von 1,25 Prozent, bedeutet die aktuelle Anpassung eine Steigerung um 280 Prozent (!).

Und der Zinsdruck steigt … mit Auswirkung für den Immobilienmarkt.

Was sind die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt und die Bauzinsen?

Die Betrachtung ist ganz einfach?

Nein, leider nicht. Es bedarf einer detaillierteren Betrachtung.

Entwicklung der Bauzinsen in 2023

Der Leitzins steuert die Entwicklung der Bauzinsen nur indirekt. Eine Reaktion kann, muss aber nicht, erfolgen. Die hängt u.a. damit zusammen, dass Baufinanzierungen im Regelfall über einen langen Zeitraum laufen und entsprechend von den Banken auch refinanziert sind.

Der Marktzins für erstrangig besicherte Immobilienfinanzierungen liegt aktuell bei rund 4% Nominal, Tendenz steigend.

Für das Jahr 2023 werden weitere moderate Anstiege erwartet. Eine Wende zu dauerhaft wieder sinkenden Zinsen halten die Fachleute für unwahrscheinlich.

Anschlussfinanzierungen

Nicht nur für Käufer von Immobilien, auch für Eigentümer von Immobilien, bei denen aktuell die Zinsbindung für Bestandsfinanzierungen abläuft, werden die Darlehen teurer.

Wurde das Objekt vor 10 Jahren noch mit 0,x Prozent finanziert, kann ein Zinssatz von rund 4% eine Vervierfachung der bisherigen monatlichen Belastungen bedeuten. Man möge sich das verdeutlichen: hatte man zum Beispiel bisher eine Zinslast von z.B. rund € 100,- (Darlehenssumme: € 250.000,- / Nominalzinssatz: 1%), kann dies nun Zinsraten von ca. € 400,- führen.

Konditionen schlucken? Was sind die Alternativen?

In Betracht kommt ein „Aussitzen“ der Zinsentwicklung, zum Beispiel durch Prolongation der Zinsfestschreibung nur für fünf Jahre. Aber: wo Chance, da auch Risiko. Ein Glaskugellesen auf dieser Zeitachse ist sehr schwierig,

Wieder in Mode gekommen ist die Bausparfinanzierung, die angesichts niedriger (Soll-) Zinsen lange Zeit eher als Geldanlagemodell (Haben-Zinsen bei Altverträgen zwischen 1,5 – 2,5% und tlw. noch darüber) diente. Aktuell werden – abhängig vom gewählten Modell –  noch (gebundene) Sollzinssätze von zwischen 0,95-2,0 Prozent angeboten. Natürlich bedarf es parallel des Abschlusses eines Bausparvertrages. Man muss keine prophetischen Fähigkeiten besitzen um vorauszusehen, dass die Bausparkassen über kurz oder lang dem Markt folgen werden und ihre Angebote anpassen. Hier kann es sich lohnen, schnell zu handeln.

Preise Bestandimmobilien

Die DZ BANK AG prognostiziert in einer neuen Studie für 2023 einen Preisrückgang von vier bis sechs Prozent, andere Experten erwarten ein Minus von bis zu zehn Prozent. Angesichts des Umstandes, dass sich die Immobilienpreise seit 2010 quasi verdoppelt haben, ist dies nur ein schwacher Trost.

Neubauten

Die happigen Preissteigerungen für Materialien, soweit sie denn überhaupt verfügbar sind, gestiegene Finanzierungs- und Lebenshaltungskosten führen nach unseren Erkenntnissen immer mehr dazu, dass insbesondere junge Familien geplante Bauvorhaben gänzlich aufgeben oder das Investitionsvolumen drastisch reduzieren.

Weniger (neue) Immobilien auf dem Markt machen diesen eng. Knappe Angebote sorgen – und hier verhält sich der Immobilienmarkt nicht anders als andere Märkte – für  (überwiegend) stabile Immobilienpreise.

Wie entwickelt sich der Mietmarkt?

Die Aufgabe von Neubauvorhaben erhöht den Druck auf den (ohnehin angespannten) Wohnungsmarkt, der hier keine Entlastung erfährt. Steigende Mieten – insbesondere in den Städten – sind die Folge … und stabile, wenn nicht gar steigende Preise bei wohnwirtschaftlichen Immobilien.

Alternativen zum städtischen Wohnungsmarkt

Die steigenden Mietkosten und die vermehrte Möglichkeit zum Homeoffice haben dazu geführt, dass Menschen darüber nachdenken, die Stadt zu verlassen. Das Ifo-Instiut München hat dies aktuell untersucht. Interessantes Ergebnis: Seit Beginn der Pandemie sind 14% der teil- oder vollzeitbeschäftigten Großstädter weggezogen, aber überwiegend in die Speckgürtel, nur ein kleiner Teil aufs Land. Entgegen mancher Vermutung scheint es keine Stadtflucht zu geben.

Der ländliche Wohnungsmarkt – mit all seinen Themen – scheint eine preisliche Option zu bleiben.

Und wie geht es weiter? Der Versuch einer Prognose

Die nächste EZB-Sitzung findet am 4. Mai 2023 statt.  Aus Sicht von EZB-Präsidentin Christine Lagarde hellen sich die Konjunkturaussichten im Euro-Raum zwar auf, der Inflationsdruck bleibt aber angesichts des Krieges in der Ukraine, angespannter Energie- und Lebenshaltungskosten unverändert hoch, Unruhen im europäischen Bankenbereich (Credit-Swiss-Rettung durch UBS) sorgen zudem für Verunsicherungen.

Auch die amerikanische Notenbank (FED) hat – trotz der damit verbundenen Auswirkungen auf das (amerikanische) Bankensystem und entgegen der  Erwartungen von Fachleuten – in seiner Sitzung am 22.03.2023 den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht. Damit liegt der Leitzins in den USA nun in der Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent und deutlich höher als im Euroraum.

Wir werden uns wohl oder übel auf weiterhin steigende Bauzinsen einstellen müssen.

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